Unruhe in der Migros-Zentrale
Die Mitarbeitenden im Marketing müssen ihren Lebenslauf neu einreichen. So soll beurteilt werden, wo sie weiterbeschäftigt werden - und ob überhaupt.
Von Marcel Odermatt - Tages-Anzeiger
«Skills Performance» nennt sich das Projekt. Es sorgt im Hochhaus des Migros-Genossenschafts-Bundes am Zürcher Limmatplatz derzeit für schlechte Stimmung. Vor allem ältere Mitarbeitende und solche, die schon länger für den Detailhandelsriesen arbeiten, sind verärgert über das unkonventionelle Vorgehen ihres Arbeitgebers.
90o aktualisierte Lebensläufe
Rund 900 Angestellte im betroffenen Departement Marketing müssen diese Tage elektronisch ihren Lebenslauf eintippen. Dazu gehören Angaben über die Ausbildung, Diplome oder die Berufserfahrung. «Das kommt mir vor, als müsste man sich wieder für einen Job neu bewerben», beklagt sich ein Mitarbeiter. Dies wird von der MIGROS jedoch in Abrede gestellt. «Die Informationen werden dafür verwendet, um die Angestellten den neuen Geschäftseinheiten zuzuordnen», sagt Sprecher Urs-Peter Naef. Zudem diene die Aktion dazu, die Personaldossiers wieder auf den neusten Stand zu bringen.
Trotz diesen Beteuerungen ist die Verunsicherung gross. Viele Angestellte stellen einerseits einen Kulturwandel fest und realisieren andererseits, dass sich ihr Unternehmen anderen Grosskonzernen immer ähnlicher verhält. Rentabilität und Effizienz rücken auf der Prioritätenliste der MIGROS, die sich in der Vergangenheit einmal die Idee des sozialen
Kapitals auf die Fahnen geschrieben hatte, immer weiter nach oben.
Denn bei diesem Projekt geht es auch um Stellenabbau. Im Zuge des angekündigten Umbaus der Marketingabteilung werden 100 bis 150 Stellen gestrichen. Bis Anfang Mai soll das Projekt abgeschlossen sein. Dann wird auch bestimmt sein, wer weiter beschäftigt wird und wer nicht. Weil 59 Stellen derzeit vakant und weitere 19 befristet sind und die Fluktuation rund 10 Prozent beträgt, geht Sprecher Naef heute davon aus, dass Entlassungen so weit wie möglich vermieden werden können. (Wie mein Beispiel zeigt, stimmt das so nicht. Oder es war ein persönlicher Racheakt gegen mich.)
Das Vorgehen zeigt, wie ernst es Urs Riedener mit dem radikalen Umbau seiner Abteilung ist. Der Marketingleiter, der in der internen Ausmarchung zum MIGROS Chef gegen Herbert Bolliger den Kürzern zog, will das von den Beratern McKinsey mit aufgegleiste «Skills Performance»Vorhaben erfolgreich durchziehen. Dabei geht es dem orange Riesen um Einsparungen in der Höhe von 18 Millionen Franken. Was das Projekt umgekehrt den Genossenschafts-Bund kostet, will die MIGROS nicht bekannt geben.
Mit der Restrukturierung wird die Trennung in der Marketingabteilung zwischen Food/Near food und Nonfood aufgehoben. Stattdessen werden sieben Geschäftseinheiten geschaffen (Frische, Kolonial, Nearfood, Nonfood, Fachmärkte, Services and New Business). Gleichzeitig wird die Anzahl der Direktionen von 17 auf 8 reduziert. Die neuen Chefs sind seit Mitte Dezember bestimmt. Die Überzähligen haben ihre Direktionsfunktion verloren.
Mit der Neustrukturierung des Marketings schliesst die MIGROS das im vergangenen Frühling gestartete Reorganisationsprogramm ab. Das Sparziel von 15 Prozent ist gemäss Naef erreicht worden, allerdings müsse sich die Nachhaltigkeit erst noch zeigen. Das Rationalisierungsprogramm wurde vom amerikanischen Beratungsunternehmen McKinsey ausgearbeitet.
0 Comments:
Kommentar veröffentlichen
<< Home